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Wenn das Leben einem Zitronen gibt, …

… kann man sich verkriechen, weinen, jammern, … oder Limonade machen.

Nach bald 56 Jahren auf dieser Welt lerne ich mich langsam ein bisschen kennen. Erstaunlich, wie lange das dauern kann.

Als meine Mutter vor zwei Jahren einen schweren Unfall hatte, habe ich plötzlich aufgehört zu stricken. Von heute auf morgen. Jedes Mal, wenn ich mein Strickzeug in die Hand nahm, machte es mich nur nervös. Wer mich kennt, weiß, dass ich ohne Strickzeug nie und nirgendwo anzutreffen war. Im Flugzeug, in der U-Bahn … immer und überall hat mich Stricken beruhigt. Mehrere Projekte waren in allen “Transportgrößen” ständig griffbereit.

Der Unfall hat mit dem Stricken überhaupt gar nichts zu tun. Ewig habe ich mich gefragt, wo hier die Zusammenhänge sind. Und hätte mir je jemand erzählt, dass MICH Stricken nervös machen kann … Nicht auszudenken, was ich gesagt hätte!

Das einzig Beruhigende in dieser Zeit der schlaflosen Nächte war: Stoffreste bügeln, falten, sortieren, zurechtschneiden. Endlos. Ich habe ja auch genug Stoffreste. Auch gut. So kam etwas Ordnung in mein Leben.

Nun kenne ich mich also ein bisschen besser. Wenn das Leben nicht planbar ist und ich nur tatenlos warten und zusehen kann, dann räume, ordne und schlichte ich. Ich räume und ordne Stoffe, Bänder, Stecknadeln, Bücher, Schuhe … einfach alles, was mir in die Quere kommt (inzwischen gibt es ja zum Glück auch wieder “neue” Stoffreste). Und es beruhigt.

Lieber würde ich aber doch im materiellen Durcheinander leben, als schon wieder das emotionale Durcheinander erleben zu müssen. Aber so muss es scheinbar sein, wenn man selbst älter und damit die Eltern alt werden. Wir haben Glück. Wir haben noch beide Eltern, unsere Kinder also noch vier Großeltern und unsere Enkel Urgroßeltern. Das ist nicht selbstverständlich.

Andere Menschen werden alt. Die eigenen Eltern nicht. Das Alter schleicht sich heimlich an und plötzlich ist es da. Weil ich nicht hinsehen wollte? Weil man das nicht wahrhaben will? Wir kennen ein Leben ohne Eltern nicht – bis wir sie verlieren. Sie sind die einzigen Menschen, die immer da waren. Die Vorstellung in einer Welt ohne sie zu leben, ist auch in meinem Alter etwas vollkommen Fremdes. Hoffentlich muss ich mich noch nicht mit diesem Fremden vertraut machen. Vorerst also schlichte und räume ich. Es hat auch etwas Gutes:

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Der Kursraum ist bereit! Der erste Kursbesucher ist schon da:

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Er sieht noch ein bisschen untätig aus, wärmt aber den Platz schon einmal vor. 🙂

Und die Tür fällt nun endlich auch nicht mehr zu:

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Ich freue mich auf unseren ersten Kurstag und werde ganz bestimmt davon berichten.

Herzliche Grüße

Marion

 

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2 Gedanken zu „Wenn das Leben einem Zitronen gibt, …

  1. Sehr rührend geschrieben! Ich kenn das mit dem Räumen nur zu gut…doch wenigstens hat man dann mal ein bisschen Ordnung.
    Und der Kursbereich sieht sehr gemütlich aus! Ich muss wohl auch mal einen Kurs bei dir besuchen. Würde mir auch mit dem Schäfchen den Platz teilen 🙂

    1. Danke, liebes Merlettolino :-)! Kannst gern jederzeit kommen.

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